Vernetztes Engagement für die Sichtbarkeit von Kunst
Welche Rolle spielt die Schweizer Ländervertretung der Association Internationale des Critiques d’Art für das Kunst- und Kulturschaffen in der Schweiz?
In Zürich hat die Geschäftsstelle der Schweizer Ländervertretung der Association Internationale des Critiques d’Art AICA ihren Sitz: eine Organisation, die in den Jahren 1948/1949 parallel zur Gründung supranationaler Strukturen wie der UNO und der UNESCO nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Paris gegründet wurde. Von der UNESCO wurde die AICA 1951 als Nichtregierungsorganisation anerkannt. Die Ziele bestehen darin, die Anliegen von Kunstkritiker*innen in der Schweiz zu vertreten und die Mitglieder bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit zu unterstützen. Der AICA-Presseausweis ist weltweit anerkannt und ermöglicht freien Zutritt zu zahlreichen Museen und Kunstinstitutionen.
Onlinesichtbarkeit und Self-Publishing
Eine erste Website wurde 2004 aufgeschaltet. 2017/2018 nahm sich eine Arbeitsgruppe der Aufgabe an, sie zu aktualisieren und die Inhalte zu strukturieren. Sie vereint, analog zu anderen Gruppen, die als Verein organisiert und getragen werden, verschiedene Funktionen: Mitgliederkommunikation, die Veröffentlichung der Protokolle der Jahresversammlungen, Hinweise auf News und aktuelle Veranstaltungen. Neuster und zugleich jüngster publizistischer Kanal ist der seit 2022 betriebene Blog AICAramba. Mit Mikrokritik, Rezensionen, Betriebsgeräuschen und Glossar bietet er verschiedene Textformate, um über Kunst und Kunstschaffende zu schreiben, Grossereignisse wie Biennalen und Preisverleihungen, Sprache und Begriffe zu reflektieren und sich auszutauschen. Das Editorial Concept ist klar, kraftvoll. Es setzt auf Elemente, die sich im Magazinbereich bewährt haben, um verschiedene Leser*innengruppen anzusprechen und Stimmen unterschiedlicher Autor*innen rotierend zu Wort kommen zu lassen. Moderiert wird er von einem locker organisierten Redaktionsteam aus unterschiedlichen Bereichen, die ihre Erfahrungen als Dozierende, Kurator*innen und Redakteur*innen einbringen.Zur Förderung des fachlichen Austauschs organisiert AICA Schweiz seit 2015 jährlich am letzten Sonntag im November im Cabaret Voltaire in Zürich einen Workshop unter dem Titel und Motto «Schreiben über Kunst». Das Programm besteht aus einem oder mehreren Inputreferaten, für die Gäste eingeladen werden, sowie einem praxisorientierten Teil. Zu den bisher eingeladenen Personen zählen Gerhard Mack, Ellinor Landmann und 2024 Bice Curiger auf Grundlage eines Artikels (NZZ 20. März 2023), in dem sie die fatale, sich mittlerweile qua Aufkauf von Zeitungen durch Mediengruppen noch aggressiv verschärft habende Bilanz aufzeigte, dass die «Feuilletons sich umgekehrt proportional zur massiven Bedeutungserweiterung verschlanken, welche der kulturelle Sektor in den vergangenen Jahren erfahren hat».Curigers Keynote mit dem Titel «Der Geist. Digital eingesargt» am Genius Loci von DADA war ein Aufruf zu mehr «Disobedience». Aktuell liegt der erste Entwurf eines «Manifests für eine Erneuerung der Kunstkritik in der Schweiz» vor, das noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll. Grundsätzlich werden die diskutierten Themen nach dem Workshop in einer Kleinpublikation im Notizbüchlein-Format mit Bildspur gespiegelt und weitergeführt. Die Kleinpublikation wird jeweils von einem Kunstschaffenden, zuletzt von Daniela Keiser, gestaltet. Exemplare liegen jeweils der November-Ausgabe des Kunstbulletins bei oder können bei der Geschäftsstelle von AICA Schweiz kostenlos angefordert werden.
Bestände, Ort und Erschliessung
Die Archives de la Critique d´Art, zu der auch die Archive von AICA International und AICA Schweiz gehören, befinden sich in Rennes. Der Onlinekatalog Calames bietet eine Übersicht der Bestände. Die Sektion Schweiz wurde 1949 eingerichtet, ihr Archivvolumen umfasst für den Zeitraum von 1949 bis 2003 sieben Ordner mit etwa 1000 Dokumenten. Bei der Jahresversammlung von AICA Schweiz 2000 in Biel wurde diskutiert, ob das Archiv mit Ausnahme der letzten fünf Jahre im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft angesiedelt werden soll. 2018 wurde Interesse dokumentiert, Quellen zur Kunstkritik digital zu erschliessen, und auf die damit verbundenen Schwierigkeiten hingewiesen.Im Sinne einer engagierten Fortsetzung der bisherigen Aktivitäten wird der nächste Workshop im November 2025 stattfinden. Als Gast und zu Beginn wird Pietro Supino, Verwaltungsratspräsident der TX Mediengroup, mit Katharina Holderegger und Angelika Affentranger ein Gespräch über die Lage der Kunstvermittlung in der Zeit eines fundamentalen gesellschaftlichen, politischen und medialen Umbruchs führen. Kolja Reichert, der Präsident von AICA Deutschland, hat bei der Jahrestagung im Januar in Leipzig in einem Beitrag für Deutschlandfunk Kultur angesichts rechtspopulistischer Angriffe auf demokratische Stadtgesellschaften herausgestellt, wie wesentlich kulturelle, zivilgesellschaftlich getragene Arbeit für die Entwicklung von Empathie, Respekt, Zukunftssinn und historischem Sinn ist. Der Künstler Peter Radelfinger hat zugesagt, im Rahmen des Workshops im Cabaret Voltaire eine Performance zu bieten sowie die Bildspur für die kleine Publikation beizusteuern.