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N°3/2023
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Stadt der Kulturen?

Wenn Mensch in Biel aus dem Zug steigt und aus dem Bahnhofsgebäude tritt, ist der Empfang alles andere als freundlich – und sich in dieser «schmuddeligen» Situation zu orientieren, ist auch nicht einfach: Wo ist der See? Nach Weltuhrenstadt sieht es auch nicht aus und die schöne Altstadt zu finden, wird zum Abenteuer. Wie hiess es einmal: Stadt der Zukunft und danach Stadt der Kommunikation? Beide Slogans haben nie wirklich funktioniert.

Text

Kulturaktivist und Veranstalter in Biel (Le Singe, KartellCulturel).

Wieso diese Einleitung? Die Bieler Stadtplanung und das Stadtmarketing haben nicht begriffen, dass Kultur ein Wirtschaftsfaktor ist. Als neustes Beispiel kann die abgerissene alte Mikron-Fabrik genannt werden, ein Haus voller Kreativwirtschaft. Dies wurde nicht erkannt, nun werden dort Wohnungen gebaut. Mit ein wenig Kreativität hätte beides nebeneinander Platz gehabt. Gemäss dem Bundesamt für Statistik hat die Kreativwirtschaft in der Schweiz mittlerweile ein BIP von 2,1%. Dieses ist höher als jenes der Uhrenindustrie. Ich wünsche mir schon lange, dass spezielle Ereignisse in der Kultur entsprechend kommuniziert werden, und nicht nur, wenn sich eine neue Firma im Bözingenfeld ansiedelt.Aber genug gejammert: Wir haben in Biel eine lebendige, innovative Kulturszene. Immer wieder entstehen neue Orte, wo Kultur präsentiert und gelebt wird. In den letzten zwanzig Jahren ist die alternative oder freie Kulturszene enorm gewachsen. Verschiedenste Orte, Clubs, Galerien usw. sind in der ganzen Stadt sowie in den Quartieren entstanden.Alles in Butter, könnte man meinen, ist es aber nicht. Und schon lande ich wieder bei der Kritik. Die Finanzierung vonseiten der Stadt Biel hält mit dem Wachsen der Szene nicht mit. Obwohl wir die zehntgrösste Stadt der Schweiz sind, tauchen wir auf der Liste der Pro-Kopf-Ausgaben irgendwo nach Platz 20 auf. Zudem ist Biel die grösste Bilingue-Stadt und muss also zwei Sprachgruppen bedienen.Wenn ich von einer lebendigen, innovativen Kulturszene spreche, stellt sich die Frage, wie es mit der Durchmischung der Kulturen aussieht. In Biel sind über 130 Nationalitäten zu Hause. Nach Martin Walser – seine Aussage machte er Ende des 19. Jahrhunderts – ist Biel die kleinste Metropole dieser Welt. Stimmt dies? In Sachen Zusammenleben kann gesagt werden, dass es gut funktioniert: keine Ghettos, die Durchmischung in der Stadt und in den Quartieren stimmt.Wie sieht es in der Kultur aus? Gibt es da genügend Durchmischung? Meine Antwort ist nein. Klar findet man in der Szene immer wieder Menschen aus anderen Kulturen, aber in keiner Art und Weise entsprechend dem Anteil hier lebender Menschen aus anderen Ländern. Es geschieht immer noch viel zu viel in geschlossenen Kreisen. Diese aufzubrechen, ist eine Aufgabe, bei der wir genauso gefordert sind wie unsere Mitbewohner*innen mit ausländischen Wurzeln. Keep on groovin’.