Sophie Berger und Karl Gölkel
Karl und Sophie studieren an der HKB im Fachbereich Konservierung und Restaurierung. Mit SEMP – dem Swiss European Mobility Programme (ehemals Erasmus) – waren sie im Frühlingssemester in Wien und berichten über ihre Eindrücke.
Sophie Marlen Berger ist 24 Jahre alt und schon immer in Bern zu Hause. Seit 2020 studiert sie an der HKB im Studiengang Master of Arts Conservation-Restoration in der Vertiefung Moderne Materialien und Medien (MMM), momentan im zweiten Semester. Das Spektrum dieser Vertiefung reicht von Skulpturen über Installationen bis hin zu Medienkunst und webbasierten Werken, dazu gehören auch konzeptuelle und performative Kunstformen.
Karl Peter Gölkel ist 56 Jahre alt, hatte bereits ein Studium an den Staatlichen Akademien der Bildenden Künste Stuttgart und München hinter sich, als er 2009 als diplomierter Bildhauer nach Bern kam, und studiert ebenfalls seit 2020 im Studiengang Bachelor of Arts Konservierung an der HKB. In der Vertiefung Architektur und Ausstattung liegt sein Schwerpunkt in der Innenausstattung von Räumen: textilen Wandverkleidungen, Vorhängen, Tapeten oder Möbelbezugsstoffen zum Beispiel.
Horizont erweitern
Beide waren in Wien, um ihren Horizont zu erweitern. Sophie spricht von der Lust, Neues zu sehen und zu erleben, und davon, aus der eigenen Komfortzone herauszukommen; Karl erhoffte sich neue Erfahrungen und Kontakte. Und vielleicht auch die Möglichkeit, zielgerichtet Netzwerke aufzubauen. Möglich wurde der Aufenthalt in Wien durch SEMP, seit 2014 die Schweizer Lösung für die Beteiligung am Erasmus-Programm. Ziel von SEMP ist es, die Studierendenmobilität und die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Hochschulen zu fördern. Somit wird es möglich, Austauschsemester und -praktika zu absolvieren, mit andersartigen Arbeitsmethoden und Studieninhalten in Berührung zu kommen und Sprachkompetenzen zu verbessern – also wertvolle Erfahrungen zu sammeln, genau wie Sophie und Karl sich das vorgestellt hatten.
Und das scheint aufzugehen. Zwar hat sich Sophies Perspektive auf das Studienfach und ihre zukünftige Laufbahn bisher nicht verändert, aber sie bemerkt bereits, wie bereichernd es war, aus dem Bekannten herauszukommen, einen anderen Alltag zu erleben und nebenbei eine Stadt auf eine Weise kennenzulernen, auf die man sich während eines Ferienaufenthaltes nicht so intensiv einlassen könnte. Dies sei inspirierend auf der einen Seite und ermögliche ihr auf der anderen Seite, das wertzuschätzen, was sie bereits habe – u.a. die gute Infrastruktur an der HKB. Was ihr in Wien besser gefallen habe sei, dass der Bezug zu den anderen Studienrichtungen stärker vorhanden ist, z.B. unterstützen Studierende aus der Konservierung und Restaurierung ihre Fine-Arts-Kommiliton*innen beim Auf- und Abbau ihrer Werke in Ausstellungen. Karl erwähnt ergänzend, dass ihm das Auslandssemester ermöglichte, seine wissenschaftlichen, praktischen und kunsthandwerklichen Fähigkeiten in der textilen Konservierung auf ein breites und gut aufgestelltes Fundament zu bringen, und damit die Chance, sich im fachlichen Diskurs hinsichtlich der Erforschung der textilen Künste gut zu positionieren. Aus tiefster Überzeugung empfiehlt er deshalb allen, ihre sieben Sachen zu packen, sich hinaus in die «grosse weite Welt» zu begeben, zu staunen und zu lernen.
Lernen, sich inspirieren lassen, wachsen – auch Mitarbeitende profitieren von SEMP
Rückblick: Als Bachelor-Studiengangsleiter im Fachbereich Konservierung und Restaurierung entschloss sich Andreas Buder im Februar 2020, einen Staff Exchange mit der Technischen Hochschule Köln in Deutschland zu organisieren; auch dies unterstützt durch SEMP. Da die TH Köln im Cologne Institute of Conservation Sciences ebenfalls Konservator*innen und Restaurator*innen in einem Bachelor- und einem Masterprogramm ausbildet, schien der Blick in die Parallelwelt von vornherein vielversprechend. Das persönliche Anliegen für Andreas Buder war – im Hinblick auf die Themen und Herausforderungen seiner Position als Studiengangsleitung –, Einblick in die curriculare Organisation sowie die Verwaltungsstrukturen der TH Köln zu bekommen. Anfängliche administrative Hürden waren dabei zum Glück schnell zu nehmen.
Die Learnings waren überraschend: Vergleichbare Prozesse werden an den Institutionen auf sehr unterschiedliche Art und Weise gestaltet und bewertet, an der TH Köln wird zudem die Partizipation der Studierenden über eine Curriculum-Werkstatt gewährleistet. Neuen Mitarbeitenden wird dort – anders als in Bern – jeweils ein Tutor oder eine Tutorin für die didaktische Unterstützung an die Hand gegeben, und zwar für insgesamt ein Jahr. Dieser «Blick über den eigenen Tellerrand» half Buder damals, die Abläufe an der HKB aus einer anderen Perspektive zu sehen, einiges neu zu bewerten und vieles zu überdenken. Das Ergebnis war ein bereicherndes neues Sehen der Werte und Stärken der eigenen Institution, verbunden mit der Erleichterung darüber, dass – auch wenn an den Hochschulen teilweise sehr verschieden gearbeitet wird – letzten Endes alle «nur mit Wasser kochen».
Bedauerlich war, dass aufgrund der Pandemie kein Gegenbesuch der Kolleg*innen der TH Köln stattfinden konnte. Dennoch erarbeiteten beide Institutionen einen Letter of Intent, dessen Inhalt sich auf den zukünftigen Studierenden- und Mitarbeitendenaustausch, gutachterliche Tätigkeiten und Kooperationen in laufenden Forschungsprojekten fokussiert.
Sowohl für Sophie Berger und Karl Gölkel als auch für Andreas Buder war bzw. ist die Zeit des Austauschs mit einer durch SEMP verbundenen Partnerinstitution ein unvergleichlicher Erfahrungsschatz. Der direkte Kontakt zu anderen Studierenden und Lehrenden, das Eintauchen in eine fremde Hochschulkultur und das Knüpfen internationaler Kontakte öffnen, ob virtuell oder persönlich, Türen und erweitern den eigenen Horizont. Und damit, darin sind sich die drei einig, eine unbedingte Ermutigung für all jene, die schon einmal in Erwägung gezogen haben, selbst aufzubrechen und den eigenen Alltag eine Zeit lang in einer anderen Kulisse zu verbringen.