Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualiseren Sie auf Edge, Chrome, Firefox.
N°2/2024
i

Sarah «Loka» Lokalema

«Am Anfang meines Studiums, da wusste ich noch gar nicht, was Kunst eigentlich ist», sagt Sarah «Loka» Lokalema (23) in einem Gespräch an den Tischen im Buffet Nord an der Fellerstrasse 11. Hier studiert sie seit fast drei Jahren im Bachelor-Studiengang Vermittlung in Kunst und Design.

Text

studiert an der HKB Master Multimedia Communication & Publishing und ist neu Mitglied der Redaktion der HKB-Zeitung

Bei dem Treffen trägt Loka ihre dunkelbraunen Haare zu einem kleinen Dutt gebunden, auf ihrer Brust liegen mehrere Zöpfe mit bunten Anhängern. Sie erzählt von Orten, die sie vor Kurzem für ihre Abschlussarbeit besichtigt hat: einer davon das Wasserreservoir, das unter dem Hauptgebäude liegt. Seit einigen Monaten kreiert sie immersive Räume, also Räume, die selbst zum Kunstwerk werden.

Identität als Métisse
Loka heisst aber eigentlich gar nicht Loka. Es ist ihr Künstlername, der sie an ihre kongolesische Herkunft erinnert. Während sie einen ihrer Zöpfe zwischen den Fingern hält, erzählt sie: «Als Kind habe ich immer versucht, so schweizerisch wie möglich zu sein. Ich wollte glatte Haare haben und dünn sein», sagt sie. Heute sei das nicht mehr so: Loka klingt ähnlich wie «verrückt» auf Spanisch, aber es kommt von ihrem kongolesischen Nachnamen, Lokalema. «Als ich an die HKB gekommen bin, habe ich angefangen, mich ganz neu zu entfalten und meine Identität als Métisse, also als afroschweizerische Frau, noch mehr zu schätzen und zu erforschen. Daraufhin habe ich angefangen, mich als Loka vorzustellen», und heute kennen sie nur die wenigsten unter ihrem Vornamen Sarah.Als Maturaprojekt erstellte Loka Illustrationen basierend auf dem Geschichtsband Erstermann und Erstefrau von Diana Pitcher, der afrikanische Schöpfungsgeschichten enthält. «Ich habe es geliebt, das, was ich als Kind vor meinem inneren Auge erlebt habe, für andere sichtbar zu machen», sagt sie. «Diese mystischen Schöpfungsgeschichten, dieses Leben in und mit der Natur, das war der Anfang meiner Welt. So wie meine Mutter sie mir als Kind vorgelesen hatte.»Das Motiv des Übernatürlichen in der Natur zieht sich durch Lokas künstlerisches Schaffen hindurch. Zu Beginn 2023 kreierte sie in einer Gruppe eine bunte Blumenskulptur. Kurz darauf gestaltete sie ihren ersten immersiven Raum, indem sie mit Malerkreppband eine Installation namens SC-RA-TCH schuf. «Die Installation begann als ein Experiment, bei dem ich das Spiel mit dem Licht und die Schaffung abstrakter Formen erforschen wollte», sagt sie. Das gelbe Band zieht sich durch den weissen Raum wie ein Drache oder eine Feder. «Ich wollte die Zweidimensionalität zwischen synthetisch und organisch beibehalten, indem ich zeigte, dass die Streifen gleichzeitig an der Wand klebten und in die Luft wuchsen.»

Bilder, Skulpturen, Räume
Früher hatte Loka noch Bilder gemalt, zu Beginn ihres Studiums kreierte sie dann Skulpturen und jetzt ganze Räume. «Der Übergang von 2D zu 3D kam ganz intuitiv», sagt sie, lacht und beginnt über ihr Abschlussprojekt zu sprechen. In ihrem Projekt SIMULTANÉITÉ kreiert sie eine immersive Erfahrung, in der ein Wurzelgeflecht aus Metalldraht sich durch den Raum zieht und bei Berührung Klänge erzeugt. «Einerseits fühle ich mich stark mit der Natur, dem Wald und dem Wasser verbunden, andererseits verbringe ich wenig Zeit wirklich in direktem Kontakt mit der Natur.» SIMULTANÉITÉ soll die Spannungen zwischen der künstlichen und der natürlichen Welt spürbar machen. «Die Emotionen, die hierbei entstehen, sollen durch die Wurzeln aus kaltem, grauem Metall sowie auch durch die Klangwelt sichtbar werden», erklärt Loka.Bevor sich die junge Künstlerin an die HKB begab, hatte sie das Gymnasium in Freiburg absolviert und ein Jahr Kunst, Geschichte und Religionswissenschaften an der Universität Bern studiert. Dass Loka Kunst machen will, sei ihr nicht immer klar gewesen: «Ich hatte schon immer diese Lust in mir, mich künstlerisch auszudrücken», sagt sie. «Aber diesen Weg dann wirklich zu gehen, das braucht Mut.» Diesen Mut habe sie an der HKB gefunden. «Hier durfte ich experimentieren und auch mal scheitern», sagt sie.Loka ist sichtlich stolz, wenn sie über ihren Werdegang spricht. Ihre Stimme klingt fest und erfreut, es fliessen immer wieder einige französische Wörter in ihre Sätze mit ein. «Die letzten Jahre an der Kunsthochschule waren ein liebevoll-chaotisches Dasein. Ich habe den Austausch mit den Studierenden und Dozierenden sehr genossen.» Sie übt aber auch Kritik: Ihr habe der direkte Austausch mit der Aussenwelt während des Studiums gefehlt. «In der kulturellen Vermittlung geht es darum, mit Menschen ausserhalb seiner Bubble zu kommunizieren. Das hätte in Form von Praktika oder Arbeiten mit Museen oder Schulen noch stärker in das Studium integriert werden können.»Nach Abschluss des BA hat die 23-Jährige viele Ideen, wie es weitergehen soll. Sie hat sich für eine einjährige Residenz in Berlin beworben und sich gleichzeitig für den MA Fine Arts an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel angemeldet. «Ich möchte mich in Zukunft auf eine Technik spezialisieren und noch mehr in die Details meiner Arbeit vertiefen. Jetzt möchte ich mich vollkommen auf meine Kunst fokussieren», sagt Loka.