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N°1/2023
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Ralf Buchholz

In der «Wortwolke» unseres Gastes an der HKB tauchen Terminologien wie Hoftüpfel, Strahlparenchym, Färberwurz, Schwalbenschwanzzinken oder Drachenblut auf. Eigentlich kein Wunder, denn Ralf Buchholz ist eine Instanz auf seinem Gebiet.

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Studiengangsleiter im Fachbereich Konservierung und Restaurierung an der HKB

Redaktionelle Bearbeitung

Das Thema Holz hat Ralf Buchholz buchstäblich schon sein ganzes Leben begleitet. Buchholz arbeitet und lehrt in Deutschland im Bereich Möbel und Holzobjekte in der Fakultät Bauen und Erhalten an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen. Buchholz’ Interesse bezieht sich auf die Identifizierung und Verarbeitung, das Färben von Holz und dessen Materialkombinationen. Zusammen mit dem Major-Programm «Architektur und Ausstattung» des Fachbereichs Konservierung und Restaurierung an der HKB führt Buchholz Module zur Holzanatomie und zur Holztechnologie im Bereich Kunst und Kulturgut durch. Seine Module sind so durch das Material selbst und dessen Semantik bestimmt.
Von 2012 bis 2015 absolvierte er ein Promotionsstudium der Holzbiologie an der Universität Hamburg und schrieb seine Dissertation Eingedrückte Streifen — ein Gestaltungsmittel auf Holzoberflächen zwischen 1450 und 1600 in Mitteleuropa. Die aussergewöhnliche Arbeit beschäftigt sich mit einem mittelalterlichen Gestaltungsmittel, von dem nicht auf Anhieb klar war, ob es sich überhaupt um ein solches handelt. Erste Hinweise auf das Streifenphänomen fand man vor über dreissig Jahren in einem spätgotischen Schrank im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Später dann auch andernorts, immer schräg zur Maserung verlaufend, und bisher nur auf Nadelhölzern, Linde und Ahorn. Insgesamt konnte Buchholz in seiner empirischen und methodischen Sammlung 15 verschiedene Anordnungen, wie z.B. parallele Linien oder Rautenmuster, identifizieren. Er beschreibt die Streifen als Struktur, Rhythmik — «also Ordnung» — und den Effekt als eine Art Illusion, einen Weg der Kennzeichnung einer behandelten und fertigen Oberfläche. Mit einer entsprechenden Mustersammlung fasste er seine Arbeit 2015 in einem Buch zusammen.

Foto: Chris Richter, Hochschule der Künste Bern, 2023

Auf Holzerkundung
Kürzlich war Ralf Buchholz eine Woche mit HKB-Studierenden auf Holzerkundung. Die Holzmaterialsammlung des Fachbereichs wurde gesichtet und zugänglich gemacht. Dabei sind Holzarten wie Amaranth, Bocote, Ilex, Zebrano oder Schlangenholz zum Vorschein gekommen. Diese Edelhölzer wurden als Vollholz, aber v.a. auch als Furnierholz für historische Möbel oder für Musikinstrumente und andere Kunstgegenstände verwendet. Die Idee des Moduls war, die teilweise unbekannten Hölzer makroskopisch und mikroskopisch zu bestimmen und so spezielle Eigenschaften wie Ringporigkeit, Textur, Faserverlauf oder auch einfach den Geruch des Holzes beim Anschnitt kennenzulernen. Der Mehrwert, Holz aus unterschiedlichen Perspektiven wahrzunehmen, geht weit über dessen Definition als das vom Kambium erzeugte sekundäre Xylem der Samenpflanze hinaus. Es hat viel mehr Aspekte, z.B. akustische, thermische oder optische Eigenschaften, die erst im Zusammenspiel eine Gesamtästhetik ergeben. Holz ist nicht nur Zellulose und Lignin. Holz verbindet z.B. auch Farb- und Duftstoffe, Öle zu einer Materialsemantik, die gerade für Restaurator*innen bei der Problematik der Erhaltung von Kunst und Kulturgut immens wichtig ist, wie auch das Phänomen der eingedrückten Streifen zeigt.

Als Cuba Mahagoni identifiziert
Buchholz beschäftigte sich auch mit der Holzart Cuba Mahagoni. Sie gehört zu den echten Switenia-Mahagoni-Gewächsen und zählt zu den teuersten und edelsten Hölzern der Welt. Das aus der Karibik stammende rote Holz wurde in den Hafenstädten v.a. als widerstandsfähiges Verpackungsmaterial geladen. So nach Europa importiert, hatte es im Klassizismus, also im 18. und 19. Jahrhundert, als Modeholz bei Ebenisten seine Blütezeit. Heute ist der Handel weitestgehend verboten. Legale Quellen aus Altbeständen stehen wichtigen Restaurierungen zur Verfügung. Im Weiterbildungskurs CAS Werkzuschreibung und Provenienzrecherche interdisziplinär, in dessen Modulen es unter anderem um die praktische Objekt- bzw. Werkidentifikation geht und in denen Ralf Buchholz ebenfalls mitwirkt, wurde ein Tafelgemälde bei der Radiografie auffällig, weil durch die hohe Dichte des Trägermaterials die Röntgenstrahlen teilweise absorbiert wurden. Das Holz des Gemäldes aus einem Legat am Kunstmuseum Bern konnte dann schnell als Cuba Mahagoni identifiziert werden, da es sehr typische Eigenschaften, wie z.B. die weissen Einlagerungen im angeschnittenen Porenbild, aufwies. Das Beispiel zeigt, wie interdisziplinär gewonnene Untersuchungs- und Rechercheergebnisse, gerade bei der Provenienzforschung, zu spezifischen Werkidentifikationen führen können.

Familiäre Atmosphäre
Zu seiner Tätigkeit an unterschiedlichen Hochschulen mit ähnlichen Studiengängen äussert sich Buchholz: «Das Wichtigste ist der aktive Austausch zwischen den Hochschulen. Hier sollten wir noch aktiver werden. Jede Hochschule hat ihre Schwerpunkte und Kompetenzbereiche, also geht es vor allem darum, Lücken zu schliessen. Und um den berüchtigten Tellerrand. Studierende aus Hildesheim und Bern werden wieder nach Siebenbürgen in Rumänien fahren, um dort weiteres Kulturgut in Kirchenburgen aus dem 15. Jahrhundert zu erhalten. Solche Kooperationen sind für alle Beteiligten gewinnbringend. Als ich dieses Mal hier in Bern angekommen bin, fand am ersten Abend ein ‹Round Table› mit Alumn*ae des Fachbereichs und dem Business Lab der HKB zum Thema Entrepreneurship statt. Das mag ich an Bern, die innovative Ausrichtung und eine familiäre Atmosphäre.»Für Hobbys neben der Berufung fehlt Buchholz leider allzu oft die Zeit. Wenn es sich ergibt, verbringt er seine Freizeit jedoch gern in einem Paddelboot in Hamburg auf Alster und Bille. Sein Engagement gilt aber auch in der Freizeit dem Kulturerhalt. Vor allem im Verein zur Erhaltung von Baudenkmalen in Wrisbergholzen, wo es z.B. um eine Fayence-Manufaktur aus dem Jahre 1736 geht. Da aber auch immaterielles Kulturerbe erhalten sein will, frönt er hin und wieder auch der britischen Bluesgitarre Eric Claptons.