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N°3/2024
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Kulturgüter und Gesundheit schützen

Im Fachbereich Konservierung und Restaurierung stehen Gesundheit und Sicherheit kontinuierlich im Fokus. Die Studierenden befinden sich in einem Dilemma: Einerseits gilt es, Kunst- und Kulturgüter zu erhalten, andererseits müssen sie ihre eigene Gesundheit schützen. Zwei verschiedene Aspekte sind zu thematisieren: die persönliche, psychische Gesundheit während des Studiums und die Gesundheit im Arbeitsalltag sowie die eigene Arbeitssicherheit.

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Studiengangleiter im Fachbereich Konservierung und Restaurierung

Studierende leiden unter Stress und Überforderung. Mehr als 18 Prozent der Studierenden in der Schweiz gaben 2016 gemäss einer Erhebung des Bundesamtes für Statistik (BFS) zur Gesundheit der Studierenden an den Schweizer Hochschulen an, mit dauerhaften gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Konkret wurden hier rund 17 000 Studierende zu ihrem Gesundheitszustand beziehungsweise zur Wahrnehmung der eigenen Gesundheit befragt. Dabei handelt es sich zu 41 Prozent um chronische und zu 26 Prozent um psychische Beeinträchtigungen. Nach der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 berichteten schon zwischen 30 und 49 Prozent der Studierenden über Symptome im Zusammenhang mit Depressionen und Angststörungen oder über Gefühle der Einsamkeit (fig. I) . Dies zeigen erneut die Ergebnisse des vom BFS 2022 erstellten Themenberichts zur Hochschulabsolventenbefragung in der Schweiz, Tendenz steigend. Dies führt zu einer Zunahme von Teilzeitstudierenden und Nachteilsausgleichen sowie in einigen Fällen sogar zum Studienabbruch.Diese Entwicklung spiegelt sich auch an der HKB und im Fachbereich Konservierung und Restaurierung wieder. Es zeigt sich ein grosses Spektrum an psychologischen Problemen von hohen Anforderungen und Leistungsdruck über finanzielle Sorgen bis hin zu persönlichen Problemen und Folgen der Covid-19-Pandemie. Es ist daher von grösster Bedeutung, dass die Hochschulen und Universitäten geeignete Unterstützungsangebote bereitstellen. Dazu gehören v.a. auch Weiterbildungsangebote für Mitarbeitende, die in engem Kontakt mit den betroffenen Studierenden stehen.

Wie steht’s um Erfahrungen in anderen Bildungsinstitutionen? Die HKB-Zeitung hat Sophie Hüsler, eidgenössisch anerkannte Psychotherapeutin und Fachpsychologin für Psychotherapie FSP, zum Gespräch getroffen.

Sophie, du arbeitest u.a. bei der Psychologischen Beratungsstelle am Gymnasium Lerbermatt in Bern. Kannst du bestätigen, dass nach der Covid-19-Pandemie die Fälle psychischer Erkrankungen zugenommen haben?
Ich arbeite seit April 2023 an dieser Stelle, somit kann ich diese Frage nicht klar beantworten. Die Erhebungen der psychischen Gesundheit (Obsan-Bericht 03/2023) zeigen jedoch klar auf, dass die junge Bevölkerung in der Schweiz weiterhin stärker belastet ist als vor der Covid-19-Pandemie.

Welches sind die häufigsten psychischen Herausforderungen, die Studierende zu bewältigen haben?
Es sind insbesondere Angststörungen und Depressionen. Oftmals verfügen junge Menschen über unzureichende Emotionsregulations- und Stressmanagementstrategien und dekompensieren aufgrund der hohen Anforderungen im Studium. Es gilt als erwiesen, dass die Prüfungen und Arbeiten in den Ausbildungen anzahlmässig nicht mehr geworden sind, die inhaltlichen Anforderungen aber seit Jahren steigen.

Das Bundesamt für Statistik hat 2016 erste Erhebungen zum Gesundheitszustand von Studierenden in der Schweiz gemacht. Danach kämpft fast ein Fünftel aller Studierenden mit dauerhaften gesundheitlichen Problemen. Wir im Fachbereich Konservierung und Restaurierung fühlen uns oft überfordert, zum Beispiel einen Nachteilsausgleich fair und transparent umzusetzen. Kannst du uns Empfehlungen geben, wie wir agieren können?
Die Vereinbarungen eines Nachteilsausgleiches müssen je nach Ausprägung der Diagnose und Studienbereich individuell angepasst sein. Am Gymnasium Lerbermatt ist dafür eine Person zuständig, die sich mit den Richtlinien des Kantons auskennt und zudem als Lehrer die Anforderungen an den Unterricht kennt. Als sinnvoll erachte ich, dass sich das Kollegium mit der Thematik der psychischen Gesundheit im Allgemeinen und den Gründen für Nachteilsausgleiche auseinandersetzt oder sich beraten lässt.

Gibt es auch präventive Massnahmen, die aus Sicht der Akteure, der Akteurinnen beachtet werden können? Oder hast du spezifische Strategien oder Ratschläge für unsere Studierenden?
Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert psychische Gesundheit: «als Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann». Die Studien in der Schweiz zeigen klar, dass sich die Zahl von jungen Menschen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, zwischen 2017 und 2020/2021 mehr als verdoppelt hat, wobei ein stärkerer Anstieg bei jungen Mädchen festgestellt wird (Peter et al. 2023). Die WHO definiert als junge Menschen solche im Alter zwischen 10 und 24 Jahren. Diese Lebensphase ist durch eine Vielzahl biologischer, psychologischer und sozialer Herausforderungen gekennzeichnet. Während dieser Zeit durchlaufen Jugendliche u.a. die Entwicklung individueller Wert- und Normvorstellungen und die Suche nach der eigenen Identität als Individuum. Diese Lebensphase eines Menschen wird als einer der besten Zeitpunkte für gesundheitsfördernde Massnahmen angesehen. Die Hochschule sollte meines Erachtens die jungen
Menschen auch in Lebenskompetenzen wie «Umgang mit Stress» und «Emotionsregulation« unterrichten, ihnen resilienzfördernde Strategien und bewussten Umgang mit sozialen Medien. vermitteln.

Gibt es Verhaltensweisen, um das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Studierenden zu fördern und gleichzeitig ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten?
In den drei Themenbereichen Leistungsdruck und Stress, Umgang mit sozialen Medien sowie Geschlecht und Geschlechterrollen sehe ich Potenzial, um damit die Studierenden zu fördern. Ich erachte es als sehr wichtig, dass sich die Vertreter*innen einer Bildungsinstitution in diesen Themen weiterbilden und eine gemeinsame Haltung dazu erarbeiten. So könnte beispielsweise eine Haltung sein, dass Studierende ausserhalb der Arbeitszeiten keine Mails von Dozierenden erhalten, Prüfungen pro Woche klar limitiert sind und das Thema «Stress und Stressregulation» von Fachpersonen unterrichtet wird, zum Beispiel in einer Themenwoche zur Gesundheit.

Unsichtbare Gefahren
In der Welt der Restaurierung ist die Annahme, dass alles kontaminiert ist, bis das Gegenteil bewiesen ist, eine notwendige Vorsichtsmassnahme, die dazu dient, sich selbst und andere zu schützen. Von Asbest über Naphthalin bis hin zu PCB (polychlorierte Biphenyle), Quecksilber, Schimmel und Stäuben – die Liste der potenziellen Schadstoffe ist lang und oft unsichtbar. Diese unsichtbaren «Giftcocktails» sind nicht nur in ethnologischen Sammlungen zu finden, sondern auch in naturhistorischen Museen, Herbarien, Bibliotheken, technischen Museen und Sammlungen von Mobiliar bis zu Textilien. Die Arbeitssicherheit in der Restaurierung umfasst eine Vielzahl von Themen – von der Anwendung von Lösemitteln in der Restaurierung über Schimmel in Sammlungen, asbesthaltige Stoffe, Ergonomie am Arbeitsplatz, Umgang mit Lasten, biologische Schadstoffe bis hin zu psychischen Belastungen.Um die Studierenden für diese Herausforderungen zu sensibilisieren, lädt der Fachbereich Konservierung und Restaurierung regelmässig einen besonderen Gast ein: Stephan Baumann, einen ausgewiesenen Schadstoffexperten, der die Firma bafob GmbH 2015 in Bern gegründet hat. Doch Baumann kommt nicht allein. An seiner Seite ist stets sein treuer Begleiter Hero, ein speziell ausgebildeter Hund, der bei der Bewertung von Räumlichkeiten hilft, insbesondere beim Thema Geruch. Baumann und Hero sind ein unschlagbares Team. Erst kürzlich meldete sich eine Restauratorin bei Baumann, weil es in ihrem Arbeitsbereich nach Holzschutzmitteln roch. Doch es stellte sich heraus, dass es sich tatsächlich um freigesetzte Essigsäure handelte, eine Substanz, die bei der Hydrolyse von Substanzen wie Holz entsteht. Die Wichtigkeit, sich der potenziellen Gefahren bewusst zu sein und entsprechende Sicherheitsmassnahmen bei der Arbeit zu ergreifen, kann nicht genug betont werden, sagt Baumann. Restaurator*innen, die mit Objekten oder Werken aus betroffenen Sammlungen arbeiten, sind besonders anfällig für die Aufnahme von Giftstoffen, die sowohl durch die Haut als auch durch den aufgewirbelten Staub in den Körper gelangen können.Diese Giftstoffe können sich über einen langen Zeitraum im Fettgewebe ansammeln, ohne dass zunächst sichtbare Auswirkungen erkennbar sind. Erst wenn individuelle Schwellenwerte überschritten werden, können gesundheitliche Probleme auftreten. Veränderungen im Lebensstil, Fettabbau und Schocksituationen können dazu führen, dass diese Stoffe ins Blut gelangen und sich im Körper verteilen. Besonders im Ruhestand, wenn sich die Lebensstruktur ändert, können die Ursachen von Krankheiten oft schwer zu identifizieren sein. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, sich dieser Risiken bewusst zu sein und präventive Massnahmen zu ergreifen.

Prävention ist der Schlüssel
Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren sollen mit allen geeigneten Mitteln verhindert werden. Obwohl Richt- und Grenzwerte wichtig sind, sollten sie nicht als alleinige Massstäbe für den Gesundheitsschutz betrachtet werden. Das Minimierungsgebot fordert, dass Schutzmassnahmen schon wesentlich früher ergriffen werden sollten. Dies unterstreicht die Bedeutung einer frühzeitigen Sensibilisierung der Studierenden, um Gesundheitsrisiken effektiv zu minimieren.Die Arbeit von Restaurator*innen ist von unschätzbarem Wert für die Bewahrung unseres kulturellen Erbes. Es ist daher wichtig, dass wir uns der Risiken bewusst sind, denen Restaurator*innen ausgesetzt sind, und Massnahmen ergreifen, um ihre Gesundheit und Sicherheit zu gewährleisten.