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N°3/2024
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Im Miteinander zurück zum Singen

Singen und Gesundheit hängen zusammen. Gesang wirkt sich messbar positiv auf Körper und Geist aus. Glückshormone werden ausgeschüttet, Abwehrkräfte gestärkt. Was aber machen Sänger*innen, wenn sie ihre Stimme im Stich lässt? HKB Vizedirektorin Nina Grunder gibt Auskunft darüber, wie seit 2011 im Studiengang CAS Singstimme der HKB Weiterbildung ein Fokus auf die Schnittstellenarbeit zwischen Logopädie und Gesangspädagogik gelegt wird.

Wie ist die Idee zum CAS Singstimme entstanden?
Während meines Gesangsstudiums bekam ich Stimmprobleme, die auf organische Ursachen zurückzuführen waren und operiert werden mussten. Nach den Operationen musste ich neu sprechen lernen. Wie bei Sportler*innen, die eine grössere Verletzung erlitten haben, ist der Weg zurück zum Singen steinig und beinhaltet viele Herausforderungen – sowohl physischer wie auch psychischer Natur. Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie wichtig es ist, dass Menschen, die eine Stimmstörung erlitten haben, in dieser fragilen Phase gut begleitet werden. Und ich bin zur Überzeugung gelangt, dass dies einzig und allein im Miteinander zwischen der Medizin, der Logopädie und der Gesangspädagogik gut gelingen kann.

Und was hast du dann mit dieser Idee gemacht?
Ich bin auf das Inselspital zugegangen mit der Idee, gemeinsam einen CAS-Studiengang zu bauen, glücklicherweise hat Prof. Dr. Eberhard Seifert, Leiter der Phoniatrie des Berner Universitätsspitals, diese Idee sofort unterstützt. Es existierte damals bereits die Stimmwelten-Tagung, eine Veranstaltung für Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Logopädie und Gesangspädagogik, welche 2024 gerade ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert hat. Wir konnten auf die damit gemachten Erfahrungen aufbauen.

Inselspital und HKB – zwei sehr unterschiedliche Welten. Ging das immer gut?
Da kamen ganz unterschiedliche Perspektiven zusammen und wir haben viel diskutiert und mussten uns finden, sind dann aber schnell zu einem Team zusammengewachsen. Alle strategischen Entscheidungen des CAS werden noch heute im sogenannten Kernteam entschieden, einem interdisziplinär zusammengesetzten Team mit Vertreter*innen aus Medizin, Logopädie und Gesangspädagogik. Das ist eine grosse Stärke dieses CAS.

Und worum ganz genau geht es denn im CAS Singstimme?
Der CAS Singstimme richtet sich an Gesangspädagog*innen und Logopäd*innen und qualifiziert diese, Fehlfunktionen der Stimme bei Sänger*innen (freizeitlich oder professionell) zu erkennen, diese abzubauen und ihnen vorzubeugen. Wenn jemand eine Stimmstörung hat, bekommt er oder sie in der Regel eine Logopädie verordnet. Logopäd*innen sind eine Art Physiotherapeut*innen für die Stimme. Viele von ihnen sind aber primär auf die Sprechstimme ausgebildet. Wenn jemand wieder zurück zu einem guten Singen finden möchte, dann braucht es idealerweise Logopäd*innen, die sich mit dem Singen auskennen. Gesangspädagog*innen bringen dies mit, wissen aber in der Regel nicht viel über Fehlfunktionen. Im CAS Singstimme lernen sie zu hören, wann eine Stimme Probleme hat, lernen adäquat zu reagieren und erfahren viel über die Arbeit der Logopäd*innen und Ärzt*innen. Darüber hinaus vermittelt der CAS Singstimme aktuelles Forschungswissen rund um die Stimme. Es ist unglaublich, wie viel mehr man heute über die Singstimme weiss als vor 10 Jahren. Es ist essenziell, dass Gesangspädagog*innen auch physiologisch genau wissen, was sie tun – mit welcher Einsingübung beispielsweise was bezweckt wird. Die Nähe zu den Spitälern ist da zentral, so kann sichergestellt werden, dass das vermittelte Wissen immer aktuell gehalten wird.

Du sprichst von Spitälern in der Mehrzahl. Sind noch weitere beteiligt?
Neben dem Inselspital sind auch das Zürcher Universitätsspital mit dessen Leiter Phoniatrie, das Freiburger Institut für Musikermedizin mit dessen Oberärztin und die Universität Wien mit einem mehrfach preisgekrönten Stimmforscher im Dozierendenteam. Alle prägen diesen Weiterbildungsstudiengang und setzen sich mit viel Leidenschaft für eine erfolgreiche Begleitung von Menschen mit einer Stimmstörung ein. Denn dies ist nicht nur bei Profis ein zentrales Thema, deren Existenz davon abhängt, in der Schweiz gibt es tausende Chorsänger*innen, für die jeweils eine Welt zusammenbricht, wenn sie nicht mehr singen können. Alle Dozierenden und auch die CAS-Teilnehmenden möchten einen Beitrag dazu leisten, dass diese wieder zu einem guten und gesunden Singen finden.