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N°2/2021
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«Es muss Sinn machen, sonst wird nichts Gescheites draus.»

Jana Ristic arbeitet im Rahmen ihrer Bachelorthesis am Konzept einer Holzwerkstatt, die auch Bar, Ludothek und Begegnungsort ist. «Viele Menschen möchten kreativ tätig sein, wissen aber nicht, wie sie es angehen sollen», sagt sie. Mit ihrem Projekt will sie ihnen dabei helfen. 

Interview

Sie haben erst mit 19 Jahren ihre Schreinerlehre und mit 27 das Studium BSc Holztechnik an der BFH begonnen. Nehmen Sie nicht immer den kürzesten Weg?
Mit 16 ist man zu jung, um zu wissen, was man beruflich das ganze Leben lang machen will. Jedenfalls für Leute wie mich, die eine grosse Neugier für verschiedene Dinge haben. Deshalb habe ich mir Zeit gelassen, die Schule noch etwas verlängert und vor der Lehre in unterschiedlichsten Jobs gearbeitet. Meine Eltern haben mich dabei unterstützt, auch als ich während der Lehre ein Praktikum in Südkorea und ein Volontariat in Thailand absolvierte. So konnte ich viele Erfahrungen sammeln und habe mir angewöhnt, das zu tun, was mich gerade interessiert. 

Und warum wurden Sie Schreinerin?
Ich wollte auch Grafikerin oder Game-Designerin werden. Doch ich hörte auf meinen Vater, der ein handwerklicher Allrounder ist und mir dazu riet, nicht mein Leben im Bürosessel zu verbringen. Da ich auch gerne manuell tätig bin, entschied ich mich für eine Schreinerlehre. Um mir alle Wege offenzuhalten, habe ich während der Lehre noch die gestalterische Berufsmatura absolviert. 

Nach dem Lehrabschluss orientierten Sie sich wieder neu. Warum?
Ich wollte einfach ohne den Druck arbeiten, mich als Frau in einer von Männern dominierten Branche wieder beweisen zu müssen. Deshalb arbeitete ich in der Gastronomie und als Flight Attendant – Dinge, die sowieso auf meiner To-do-Liste standen. Und mit meinem Vater gründete ich eine Art Familienunternehmen.  

Warum entschieden Sie sich nach vier Jahren doch noch für ein Studium?
Weil mich das Campus-Leben reizte – Leute kennenlernen, eine gute Zeit verbringen, wie in diesen Hollywood-Filmen (lacht). Der Hauptgrund war aber, dass ich bei der Arbeit mit meinem Vater merkte, dass wir beide zwar das Handwerkliche im Griff, ich aber keine Ahnung von Marketing und Business hatte. Mit dem Studium BSc Holztechnik wollte ich diese Lücken schliessen. 

Haben sich Ihre Erwartungen an das Studium erfüllt?
Ja, nur ist leider Corona dazwischengekommen. Sonst würde ich jetzt in einem Praktikum in Neuseeland nachhaltig produzierte Surfbretter herstellen und anschliessend darüber meine Bachelorthesis schreiben. Weil dieses Projekt ins Wasser fiel, musste ich mir ein anderes Thema für die Thesis überlegen. Es musste etwas sein, das mich anspricht und das Sinn macht, sonst wird bei mir nichts Gescheites draus. Ich beschloss deshalb, ein eigenes Projekt zu entwickeln, in dem ich alle meine Interessen und Neigungen kombinieren kann. 

Was kam dabei heraus?
Meine Bachelorthesis heisst «Geschäftsmodell an der Schnittstelle» und mein Projekt ist ein Unternehmen, in dem alle Beteiligten miteinander, füreinander und auch für die Gesellschaft tätig sind. Mich interessiert vieles: psychologische und soziale Fragen, Gastronomie, Strategie-Brettspiele, Handwerk. Das alles will ich zusammenbringen. Das Konzept ist ein Lokal, das sowohl Bar, Ludothek als auch Werkstatt ist. Dort kann man etwas trinken und snacken und an Tischen Brettspiele spielen. Die Werkstatt ist vor allem für die Holzbearbeitung ausgerüstet, aber man kann auch töpfern, malen oder was auch immer. 

Wie kamen Sie auf dieses Konzept?
Mein Eindruck ist, dass viele Menschen eigentlich gerne handwerklich und kreativ tätig wären. Aber sie wissen nicht, wie sie es angehen sollen. Oft ist die Hürde zu gross, sich für einen Kurs anzumelden, weil die Informationen im Internet wenig visuelle Anreize vermitteln. Ich will diese Hürde senken. Von der Bar in die Werkstatt sind es nur ein paar Schritte, und ich kann den Leuten sagen: Kommt rein, schaut euch um, hier könnt ihr zum Beispiel ein altes Möbel reparieren oder in einem Workshop kreative und handwerkliche Tätigkeiten ausprobieren. 

Und Sie glauben an den Erfolg dieser Idee?
Viele Leute haben eine versteckte Leidenschaft für das Handwerkliche und gerade das Arbeiten mit Holz findet bei Umweltbewussten grossen Anklang. Gleichzeitig stelle ich fest, dass traditionelle handwerkliche Tätigkeiten wie das Möbelschreinern es zunehmend schwer haben. Ich möchte mit dem Projekt auch das Interesse am Handwerk und speziell am Arbeiten mit Holz wieder wecken. Vielleicht ist eine Zusammenarbeit mit Schulen möglich, um die Kids anzusprechen. Sehr wichtig ist mir auch die soziale Komponente. Die Leute haben heute mit Internet und Social Media so viele Möglichkeiten, und trotzdem fühlen sich viele einsam. In meiner Werkstatt-Bar könnten sich unterschiedlichste Menschen treffen, austauschen und kennenlernen. Darum gehts mir, da fliesst mein Herzblut.  

Derzeit ist Ihr Projekt eine Bachelorthesis, also Papier. Werden Sie es nach dem Studium umsetzen?
Eigentlich wollte ich im nächsten Schritt Investoren suchen, die dem Projekt auf die Beine helfen. Aber ich bin jetzt 30 und verspüre mit meinem Freund den grossen Wunsch, eine Familie zu gründen, Kinder zu haben. Deshalb werde ich nach dem Studium als Projektleiterin in einer Holzbaufirma arbeiten, weil es mir gefällt und um mich finanziell abzusichern. Mein eigenes Projekt muss also vorerst warten. Ich will mich nicht festlegen. Ich wäre auch zufrieden, wenn jemand anderes meine Idee und die damit verbundene Philosophie realisiert. Vielleicht mein Freund. Oder vielleicht entsteht ein Trägerverein, und ich bin dann im Vorstand und begleite das Projekt. Ich bin da sehr offen.