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N°2/2023
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Ein Atemzug

Die HKB-Zeitung feiert das 10-Jahre-Jubiläum. 10 Jahre mögen einem lange vorkommen, und doch sind sie nicht mehr als ein Atemzug der Geschichte, dazu noch ein kurzer. Die Zeit verfliegt und ist schnelllebig wie nie zuvor, in allem: Umgangsformen und Lebensweisen, Themen und Trends, Werte und Hoffnungen. Hat zu Beginn des Jahrhunderts jemand ahnen können, dass wenige Jahre später wieder Krieg über Europa kommt? Und dass plötzlich nicht mehr gilt, was uns einst als Leitlinien mitgegeben wurde: Nie wieder Krieg! Freiheit und demokratische Selbstbestimmung! Nein, niemand konnte das voraussehen, im Gegenteil: Mit der Globalisierung, dachten wir etwas naiv, werden auch die Völker mehr zusammenrücken.

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Fotograf, Filmemacher und Journalist, Leiter Kornhausforum 2009 – 2020, seit 2017 Präsident von bekult, dem Dachverband Berner Kulturveranstalter

Auch als die HKB-Zeitung erstmals in Druck ging, war die Welt noch eine andere. Knapp 10 Jahre später, in der Nr. 2/2022, fragte sie: Was macht der Krieg mit uns? Studierende und Dozierende äusserten sich in zumeist sehr persönlicher Weise zu ihren Empfindungen drei Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Die Redaktion verzichtete auf die Fotostrecken, die den Auftritt der Zeitung sonst kennzeichnen. Nur Text, eine tiefe Betroffenheit, die keine weiteren Bilder braucht. Stark. Bewegend.Die HKB-Zeitung führt die grosse, inzwischen weitgehend verloren gegangene Tradition der Zeitung als Forum des öffentlichen Diskurses fort. Sie wurde – gestalterisch und fotografisch zuweilen ein wahres Gedicht – zu einer Plattform für Menschen, die sich für die Kunst entschieden haben, die ja längst nicht mehr nur eine künstlerische Tätigkeit umfasst, sondern ebenso sehr eine gesellschaftspolitische Verantwortung. Die HKB-Zeitung reflektiert und diskutiert weit über die Hochschule der Künste hinaus Kulturschaffen und Kulturverständnis in Stadt und Region Bern. Welche Themen sie auch setzt – Natur, Trends, Kulturerbe, Diversität und Antidiskriminierung –, sie bleibt stets auch eine Stimme der Kulturstadt, die sich um sie dreht und die sie selber zum Drehen bringt.Aber, um bei der schnellen Zeit zu bleiben, es hört nie auf. Was gilt denn noch in 10 Jahren? Sind beispielsweise die uns heute vertrauten Spielorte der Kultur noch die gleichen? Gehen die Menschen noch in Museen oder sind die überall wie Pilze aus dem Boden schiessenden Neu- und Prestigebauten ein letztes Aufbäumen? Wie werden Filme vermittelt, nur noch heruntergeladen oder vielleicht, als Gegenreaktion auf den Mainstream des Handy-Formats, erst recht wieder auf der grossen Leinwand? Schön wär’s. Oder kulturpolitisch: Wird die heute breite Förderung zurückgefahren, ganz einfach, weil die öffentlichen Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen oder an andere Aufgaben gebunden sind, Energiewende, Aufrüstung, Sozialstaat? Selten – dünkt jedenfalls mich – war es schwieriger als jetzt, Perspektiven zu entwerfen, eine Idee der Zukunft, die einigermassen standfest ist. Die Offenheit, die sich daraus fast zwangsläufig ergibt, ist hochspannend, benötigt aber auch Aufmerksamkeit, Mitdenken, Ideologiefreiheit und, wo nötig, Intervention. Zukunft, das ist eine Aufgabe, nicht nur eine mehr oder weniger abstrakte Vorstellung.