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N°2/2021
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Carole Kiechl

Carole Kiechl (27) aus Zürich hat im Rahmen ihres Studiums der visuellen Kommunikation an der HKB im Auftrag der Post eine Briefmarke gestaltet. Ihr Entwurf setzte sich durch und wird nun umgesetzt: Die angehende Grafikerin hat sich von einem Kreuzworträtsel inspirieren lassen.  

Kreuzworträtsel sind beliebt, und zwar nicht nur bei älteren Damen. Carole Kiechl, Studierende an der HKB, hat sich an der Form dieser Knacknüsse für die Gestaltung einer Briefmarke inspirieren lassen. Sie studiert im Bachelor visuelle Kommunikation und möchte Grafikerin werden. «Gestalterische Prozesse faszinieren mich», verrät sie im Gespräch. Ihre Klasse, die aus 22 Studierenden besteht, bekam einen praxisnahen Auftrag der Schweizerischen Post. «Wir sollten Briefmarken gestalten, die verschiedene Aspekte zum Thema ‹Nachhaltigkeit› aufgreifen», so die Studentin. Zuerst wurde während drei Wochen in Gruppen in enger Begleitung der Dozierenden Jimmy Schmid und Andréas Netthoevel zu den Themen Ökonomie, Ökologie, Kultur und Soziales gearbeitet. «Wir haben viel Bildmaterial zusammengetragen und uns untereinander ausgetauscht», so Kiechl. Schliesslich machten sich alle hinter ihr eigenes Projekt. Auch Kiechl beschäftigte sich anfangs mit Bildlösungen. Doch schliesslich stiess sie zufällig auf ein Kreuzworträtsel, das ihre Aufmerksamkeit erregte, und fand eine ebenso zwingende wie originelle Lösung. Ihre Briefmarke besteht aus einem bereits ausgefüllten Kreuzworträtsel, in dem man Wörter in den drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch rund um das Thema Nachhaltigkeit findet. Unwillkürlich beginnt man, zu entziffern, und sucht nach Begriffen: Sole, biodégradable, synergie, fair oder sozial – es sind positiv konnotierte Wörter, die Kiechl ausgewählt hat. Auf Begriffe wie «Umweltverschmutzung» wurde bewusst verzichtet. «Das war der Wunsch der Post», erklärt sie. Der in Zürich lebenden Studierenden ist es gelungen, das Briefing optimal umzusetzen. Aus den 22 Entwürfen wurden die 8 besten ausgewählt und der Briefmarkenkommission vorgelegt. Die Jury der Schweizerischen Post wählte ihren Entwurf aus allen Eingaben aus. Nun kommt ihr Design als Sonderbriefmarke heraus. «Ich habe mich ultra gefreut», sagt Kiechl. Mit den drei Sprachen zu jonglieren, sei ganz schön kniffelig gewesen, da es ja buchstäblich schön aufgehen musste. Die Begriffe «HELVETIA» und der Taxwert «100» sind bereits eingekreist. Alle drei Sprachen haben gleich viele Wörter zugeteilt bekommen. Der Jury gefielt an Kiechls Entwurf, dass er interaktiv ist. Es gibt eine*n Sender*in und eine*n Empfänger*in. «Italienischsprachige sehen wohl andere Wörter zuerst als Deutschsprachige», so Kiechl. Das Rätseln spreche sowohl Grosseltern wie Enkel an. 

Breit und praxisnah
Wie geht sie als Gestalterin durch die Welt? «Klar, man achtet schon darauf, wie Dinge gestaltet sind.» Die überall in der Stadt hängenden Corona-Plakate etwa würden ihren Zweck erfüllen. «Es geht dabei darum, möglichst   eingängig Informationen rüberzubringen, weniger um Ästhetik.» Corona zwang auch die HKB-Studierenden, alles von zu Hause aus zu erledigen. Alles Soziale fiel weg. Mittlerweile ist Präsenzunterricht wieder möglich. Kiechl schätzt ihre Ausbildung, die unter anderem aus Editorial Design, Brand Identity, Grundlagen der Fotografie und des Films, Designtheorie und Coding besteht. Ein Highlight sei etwa der Besuch des in Zürich ansässigen Grafikateliers Offshore gewesen. «In einem Workshop konnten wir zusammen ein Projekt realisieren.» Für die Firma Fashion Revolution durfte die Klasse Plakate und eine Social-Media-Kampagne entwerfen. «Diese Praxisnähe schätze ich.» So habe sich auch die Post im Rahmen des ausgeschriebenen Gestaltungswettbewerbs wie ein realer Kunde verhalten. Nach den Präsentationen gab der Artdirector zu allen Vorschlägen Feedback. Ursprünglich habe sie eine KV-Lehre gemacht. «Aber ich merkte bald, dass ich nicht mein ganzes Leben lang in der Administration arbeiten möchte.» Sie entschied sich schliesslich dazu, die gestalterische Berufsmatur zu absolvieren. Als Studierende wurde sie zu guter Letzt in Bern aufgenommen.  

Dinge neu denken
«Nach dem Bachelor möchte ich zuerst einmal Berufserfahrung sammeln. Dann sehen wir weiter», sagt Kiechl. Sie kann sich gut vorstellen, in einer Werbeagentur tätig zu sein. «Ich arbeite gerne mit anderen Leuten zusammen.» Dass Grafik ihren Preis hat, versteht sich von selbst. Es könne schon mal vorkommen, dass sie eine Geburtstags- oder Hochzeitskarte für Freunde gestalte, aber es sei allgemein wichtig, dass man für alles, was man entwerfe, marktübliche Honorare verlange. «Praktika sollten an der HKB nur angenommen werden, wenn man entlöhnt wird.» Kreativität liegt bei Kiechl in der Familie. «Mein Grossvater war Schaufensterdekorateur und hat sich auch mit Siebdruck befasst.» Die Grossmutter wiederum liebte es, zu zeichnen, und ihr Cousin war Maler. Der Grafiker*inberuf hat sich heute sehr stark ins Digitale verschoben. Aber das Analoge sei immer noch wichtig, findet Kiechl. Für sie selbst ist nicht nur der eigene Stil das Wichtigste, sondern dass man versucht, «Dinge neu zu denken». Genau mit diesem Ansatz ist sie auf die Idee mit dem Kreuzworträtsel gekommen. Auf ihrem Entwurf basierend durfte sie für die Post auch den sogenannten Ersttagsumschlag mit Stempel und einem Motiv gestalten. Nachhaltigkeit sei ein Thema, mit dem wir uns alle auseinandersetzen sollten, findet Kiechl. «Ich achte darauf, möglichst wenig Plastik zu generieren, mich saisonal zu ernähren und viele Kleider im Brockenhaus zu kaufen.» Auch Kleidertauschbörsen findet Kiechl eine super Sache. Und Kreuzworträtsel? «Klar mag ich sie, aber ich löse auch gerne Sudoku.»