«Abgeben zu können ist eine grosse Herausforderung.»
Als grösstes Abenteuer seines Lebens bezeichnet Marius Disler sein Start-up-Unternehmen mikafi, mit dem er das nachhaltige Kaffee-Erlebnis der Zukunft neu gestalten will. Die Idee dazu entstand auf Reisen in Kolumbien, wo eine Tasse frisch gerösteter Kaffee sein Leben veränderte.
Marius Disler, die Geschichte von mikafi beginnt mit einem Masterstudium in Design an der HKB. Wie kam es dazu?
Ich arbeitete in einer Marketing- und Brandingagentur in Zug und studierte berufsbegleitend Wirtschaft. In der Agentur lernte ich, wie Designer arbeiten, rutschte selbst immer mehr ins Kreative und wollte schliesslich mehr konzeptionell mitarbeiten und nicht nur Projekte leiten. Deshalb habe ich mich für den Master Design an der HKB beworben und wurde angenommen.
Der Master Design ist ein Projektstudium für gesellschaftlich relevante Design- und Designforschungsprojekte. Wie haben Sie vom Studium an der HKB am meisten profitiert?
In vielerlei Hinsicht, aber vor allem, indem ich lernte, Selbstdisziplin an den Tag zu legen. Anstelle von Frontalunterricht boten uns die Dozent*innen ein breites Angebot an Wissensquellen, aus denen wir uns selbst bedienen konnten. Zu Beginn fühlte ich mich fast ein wenig alleingelassen, aber es animierte mich, aktiv zu werden und mir zu holen, was ich brauchte. Und ich lernte, sehr schnell Ideen umzusetzen und auszuprobieren.
Auslöser für die Idee zu mikafi war aber ein Erlebnis unmittelbar vor Studienbeginn?
Ja genau, vor Studienbeginn reiste ich nach Kolumbien. Ich besuchte eine Kaffeeplantage, wo ich lernte, wie Kaffee angebaut, geerntet und geröstet wird, und durfte frische Röstungen, von nussig-schokoladiger bis Orangenote, kosten. Das war ein einschneidendes Erlebnis. Ich habe diesen Kaffee mit einem ganz anderen Gefühl getrunken und wusste: Dieses Erlebnis muss ich zu Hause anderen zugänglich machen.
Nach Ihrer Masterarbeit haben Sie mit mikafi einen Förderpreis des Programms First Ventures der Gebert Rüf Stiftung gewonnen. Wie war das für Sie und was hat es verändert?
Das war mein erster Wettbewerb und ich habe gleich gewonnen. Erst später habe ich so richtig verstanden, was für ein grosses Glück das war und was das bedeutet. Es ist brutal schwierig, Geld für ein Projekt zusammenzubekommen, mit dem man noch kein Geld verdient. Ich bin unglaublich dankbar dafür. Wäre das nicht passiert, würde es mikafi heute wohl nicht geben.
So konnten Sie aber das Start-up mikafi gründen und loslegen.
Ja. Ich habe mir nur so viel Lohn ausgezahlt, wie ich zum Leben brauchte, und alles andere in die Entwicklung der Plattform und der Röstmaschine investiert. Ausserdem habe ich rasch angefangen, mir ein mikafi-Ökosystem aufzubauen, mit vielen Partner*innen und Hochschulen zusammenzuarbeiten und wertvolles Wissen von Expert*innen einzuholen. Zudem haben insgesamt sicher 15 Studienarbeiten uns unterstützt. Dieser partnerschaftliche Ansatz wurde zum wichtigen Fundament von mikafi.
Inzwischen ist mikafi ein Start-up mit einem kleinen Team.
Wir haben inzwischen ein ambitioniertes Team, das die Produkte entwickelt und vorantreibt. Anfangs habe ich noch viel mehr selbst designt, alles selbst gemacht. Heute ist mein Kalender eher voll mit Terminen für Kunden- und Investorenakquise, aber auch für Besprechungen mit unseren Partnern und Ingenieur*innen.
War es schwierig, den Schritt zu machen vom mikafi-Einzelkämpfer zum mikafi-Team?
Ja, sehr schwierig. Abgeben zu können, ist eine grosse persönliche Herausforderung. Wir sind ein Team, alle sind an mikafi beteiligt und ich habe einen Co-Gründer, der auf der gleichen Ebene ist wie ich. Trotzdem spüre ich, wie viel ich immer noch selbst in der Hand haben und entscheiden möchte.
Was war die grösste Herausforderung beim Aufbau des Start-ups?
Sicher die finanzielle Unsicherheit. Während der Coronapandemie wollten wir die erste Finanzierungsrunde realisieren, und das mit der Zielgruppe Gastronomie. Wir hatten über 70 Investorengespräche. Das ging ein halbes Jahr lang so, bis wir den Perfect Match gefunden hatten. Und dazu die Unsicherheit auf Businessseite: Was passiert morgen? Kopiert uns jemand? Finden wir die richtigen Leute? Letztlich ist es immer eine Frage der Perspektive: Ich lerne immer noch, Herausforderungen als Chance zu sehen. Denn dann wird es superpositiv, und das gefällt mir.
Wie ist der aktuelle Stand des Projekts?
Im Sommer wird die vierte Version der Röstmaschine fertig. Sie ist ein wichtiger Teil unseres Konzepts, obwohl wir sie nicht selbst bauen. Diese Maschine mit einer Betaversion unserer Plattform wird mit ersten Kund*innen in einen Pilot gehen. Geplant sind mehrere Pilotphasen, um verschiedene Marktsegmente, die Maschine, die digitale Plattform und das Kaffee-Erlebnis vor Ort zu testen.
Die Pilotphase steht vor der Tür und doch ist der Weg noch weit. Wie motivieren Sie sich immer wieder neu?
Erstens machen wir mit mikafi etwas Gutes, das die Welt positiv verändern kann, den bewussten Genuss fördert. Zweitens kann ich nirgendwo so viel lernen wie bei mikafi. Das treibt mich jeden Morgen an.