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N°2/2022
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Petter Eldh

Zusammen mit seinem langjährigen Musikpartner Otis Sandsjö gibt der schwedische Bassist und Produzent Petter Eldh einen Masterkurs an der HKB. Eldh ist durch Kollaborationen mit Django Bates, Lucia Cadotsch, Kit Downes und Christian Lillinger bekannt. Sein furioses Bassspiel fundiert nicht zuletzt auf einer langjährigen Auseinandersetzung mit Polyrhythmik.

Text

ist freischaffend tätig als Journalist, Texter und Autor. Er lebt und arbeitet in Luzern.

«Intuitive Polyrhythms» nennt Petter Eldh seine Herangehensweise an Musik, die er zusammen mit Otis Sandsjö an der HKB im Mai 2022 an einem Masterkurs thematisiert. Und daneben auch einiges davon vermitteln möchte, was er selbst als grundlegend erachtet, um musikalisch seinen eigenen Weg gehen zu können. Rhythmen spielen für den schwedischen Bassisten, der seit gut zehn Jahren in Berlin lebt, eine zentrale Rolle in seinem musikalischen Verständnis. «Schon ganz früh als Jugendlicher hatte ich den Traum, Schlagzeuger zu werden», sagt Eldh. «Das hat nicht wirklich geklappt. Aber an meinem Verständnis, dass das Schlagzeug das Fundament von allem ist, was mich musikalisch interessiert, hat sich nichts geändert.»

Foto: zVg

Wer den Bassisten schon live erlebt hat – etwa mit dem Song-Trio Speak Low von Lucia Cadotsch oder mit dem avantgardistischen Trio Punkt.VRT.Plastik mit Kaja Draksler (p) und Christian Lillinger (dr) –, weiss um sein vitales und hochpräzises Spiel. «Ich verstehe den Bass als ein sehr perkussives Instrument, das ein Schlagzeug ergänzt oder in gewissen Fällen wie ein Schlagzeug sein kann», sagt Eldh. Der Bass ist beides: Er ist ein Fundament für den harmonischen wie auch den rhythmischen Zusammenhalt. Kein Wunder, dass sich Eldh im Masterkurs auch mal ans Schlagzeug setzt. Der Bass ist sowieso mit dabei. «Mit dem Bass setze ich die Rhythmen in einen melodischen und harmonischen Kontext.»Für all diese rhythmischen Aspekte, die den Bassisten umtreiben, steht auch sein aktuelles Album Projekt Drums vol. 1. Dessen Material wird ebenfalls in die Themen des Masterkurses einfliessen. Auf den sechs Tracks, geprägt durch schwere Beats und psychedelische Sounds, stellt Eldh sechs verschiedene Schlagzeuger*innen in den Mittelpunkt. Das ist nicht zuletzt ein Tribut an seinen Kindheitsraum. Eldh grinst. «Mein innerer Schlagzeuger verschafft sich damit seine volle Aufmerksamkeit.»

Breites Musikspektrum
Petter Eldh ist in Göteborg aufgewachsen. Von früh an war er ein leidenschaftlicher Sammler von Vinyl. «Ich habe immer sehr breit Musik gehört. Klassik, Jazz, Soul, Reggae, schwedische Volksmusik, Middle Eastern, Hip-Hop: Ich gebe allem eine Chance. Vieles fliesst dann auch in meine Musik ein.» Ein wichtiger Dozent an der Jazzschule in Skurup war der Gitarrist Mulle Holmqvist. «Er legte die Basis für meinen polyrhythmischen Ansatz, den er über den Sound und das Hören, ohne Noten auf dem Papier, sehr anschaulich vermittelte.» Am Rhythmik-Musikkonservatorium in Kopenhagen studierte er anschliessend bei Django Bates, mit dem er schon als Student in dessen Projekten mitwirkte. Bates, der ebenfalls an der HKB unterrichtet, wurde ein wichtiger Mentor von Eldh.
Im Trio von Django Bates lernte Petter Eldh den Schlagzeuger Peter Bruun kennen. Die beiden pröbelten und experimentierten intensiv mit rhythmischen Konzepten. «In dieser Zeit entwickelten wir unser Modell der intuitiven Polyrhythmik.» Als weiteren wichtigen Einfluss nennt Eldh den Schweizer Pianisten Malcolm Braff. «Er hat die Rhythmik mit einem akademischen Ansatz weitergetrieben und ein Tool für das Üben und für das Komponieren entwickelt. Die Applikation ist sehr hilfreich, und wir stellen sie im Masterkurs vor.»

Berlin als Basis
Nach seinen wichtigen Lern- und Praxisjahren in Kopenhagen zog Eldh vor rund zehn Jahren nach Berlin, um der europäischen Jazzszene noch näher zu sein. Berlin sei ein Ort, an dem sehr viele kreative Menschen auf der Durchreise seien. «Du triffst ständig interessante Leute, mit denen du dich verbinden kannst.» Als er vom inzwischen «super gentrifizierten» Kopenhagen nach Berlin zog, schätzte er, «dass es dort viel Raum zum Atmen gab». Das verschaffte ihm den Fokus, sich auf Dinge einzulassen, Leute kennenzulernen, Sachen auszuprobieren.
Natürlich habe sich Berlin inzwischen verändert und es sei eine ähnliche Entwicklung wie in Kopenhagen spürbar. «Aber Berlin ist eine sehr gute Basis für mich. Dort kann ich mich mit verschiedensten Leuten vernetzen und jederzeit an andere Orte aufbrechen.» So arbeitete Eldh phasenweise in London, Wien, Norwegen und New York. Viele Leute, die er in Berlin getroffen habe, seien unterdessen wieder anderswo, aber die Kontakte würden bleiben. Es sei ein Kommen und Gehen. «Being in flux» nennt Eldh diesen Zustand des Offenseins und Interagierens über Grenzen hinweg.
In Berlin traf Petter Eldh den Saxofonisten Otis Sandsjö, der ebenfalls aus Göteborg stammt und im Trio von Lucia Cadotsch mitwirkt. «Er ist einer meiner engsten und wichtigsten musikalischen Partner.» Sandsjö hat seine eigene Band Y-Otis, in der neben Petter Eldh auch der Pianist Elias Stameseder spielt. Sandsjö und Eldh bilden wiederum den Kern der Formation KomaSaxo. Neben KomaSaxo und seinem eigenen Album Projekt Drums vol. 1 liegt Eldh das Trio mit dem britischen Pianisten Kit Downes und dem Schlagzeuger James Maddren am Herzen. Kürzlich haben sie auf ECM das zweite Album Vermillion veröffentlicht.

Instrumentalist und Produzent
So stilistisch vielseitig wie Petter Eldh als Jugendlicher sein Vinyl gejagt und seine klanglichen Sensoren entwickelt hat, so umfassend versteht er heute sein musikalisches Aktionsgebiet. Er ist ein hervorragender Bassist, aber er spielt auch Schlagzeug und Gitarre und weitere Instrumente. Er komponiert, er improvisiert und er ist als Produzent und Remixer tätig. Sein Album Projekt Drums vol. 1 hat er in Eigenregie aufgenommen und gemischt.
Petter Eldh lässt sich gerne mit Musiker*innen ein. Das spricht ihn mehr an, als sich ausgeklügelte Konzepte oder Projekte auszudenken. «Es wird immer wichtiger für mich, mit neuen Leuten zusammenzuarbeiten, die richtigen Kombinationen zu finden und das weiterzuverfolgen, was sich in solchen Kontexten ergibt.» Im Nachhinein würden sich daraus vielleicht gewisse Konzepte ableiten lassen, sagt Eldh. «Aber für mich kommt zuerst das Spielen und das gemeinsame Entwickeln.»